Mittwoch, 28. August 2013

Rückblick auf den Sommer

Ein ereignisreicher Sommer liegt hinter mir. Im Juli war ich zunächst Teilnehmer an einem Lager für Behinderte und Nichtbehinderte. Etwa 35 Einwohner eines Behindertenheimes und etwa 20 erwachsene Stadtbewohner (dazu noch etwa 15 Kinder) haben am Fluss Ob eine Woche lang zusammen gewohnt, Urlaub gemacht, gebetet (jeden Tag war katholischer oder orthodoxer Gottesdienst). Zu schaffen gemacht haben uns die Mücken. Ansonsten war es jedoch eine gute Zeit. Es gab viele Möglichkeiten, um miteinander zu sprechen, sich zu unterhalten usw. Besonders für die Behinderten war es die Chance, einmal eine Woche lang "normal" zu leben, z. B. in die Banja (das russische Dampfbad) zu gehen, in Ruhe am Esstisch zu sitzen und sich zu unterhalten, zu malen, gemeinsam zu singen oder was gerade jedem gefiel.

Ende Juli bin ich dann mit Schülern noch in ein weiteres Lager gefahren, zusammen mit einem amerikanischen und einem russischen Mitbruder und drei Freiwilligen. Dort hatten sie die Chance, ihr Englisch mehr einzuüben (was wirklich schwierig ist, manchmal scheint es sogar, fast unmöglich...), und für viele war es die erste Chance im Leben, für längere Zeit einmal zu einer Gruppe zu gehören.

Beide Lager waren gute Erfahrungen. Ich könnte mir vorstellen, sie im nächsten Jahr zu wiederholen...

Donnerstag, 4. Juli 2013

Heißer Frühling - kühler Sommer

Keine Angst, ich bin nicht bei den Jesuiten aus- und den Kartäusern eingetreten. Ich kam einfach nur nicht dazu zu schreiben. Prüfungen, Uni, viel um die Ohren in Sachen Schule, dazu immer wieder Hin- und Herfahren. Aber jetzt habe ich die Prüfungen hinter mir und liege tagelang im Freibad...

Tue ich leider nicht. Etwas mehr Zeit ist zwar jetzt, aber das Wetter ist nicht danach. Bei der Fronleichnamsprozession fiel z. B. noch Schnee, die Bäume wurden Anfang Juni einigermaßen grün. Dafür ist aber auch jetzt noch alles saftig grün und nicht verbrannt, und schlimme Waldbrände wird es wohl nicht geben.

Wenn ihr erlaubt, werde ich zum Schluss noch einen Witz los:
- Weißt du noch, was wir dieses Jahr für einen Sommer hatten?
- Keine Ahnung, an dem Tag habe ich die ganze Zeit im Büro gesessen.

Samstag, 6. April 2013

Mit Schülern in Moskau - Zwischen Kreml und Behindertenheim

Mit sieben Schülern und einer Lehrerin war ich vor Ostern eine Woche lang in Moskau. Möglich wurde das mit Unterstützung v. a. aus Düsseldorf-Benrath und aus München, für die hier herzlich gedankt sei! Natürlich sollten die Schüler die Möglichkeit haben, ihre Hauptstadt kennen zu lernen. Aber nicht zuletzt ging es darum, dass dort die Mutter-Teresa-Schwestern ein Heim für behinderte Kinder und Jugendliche haben. Dort haben wir eine Woche lang mitgearbeitet. Hier nun der Artikel von Kristina (17) in Übersetzung:

"Am 21. März fuhr unsere kleine, in Freundschaft verbundene Gruppe nach Moskau. An der Arbeit als Freiwillige nahmen teil: Katrin, Anja, Vassilij, Anton, Kolja, Pascha, P. Stephan und Natella Michajlovna (die Lehrerin). Wir trafen uns alle am Flughafen um 7 Uhr morgens, bereit zur Reise. In aller Augen konnte man Neugier und Interesse erkennen.


Für mich war es die erste Reise nach Europa, noch dazu mit dem Flugzeug, und ich hatte ein bisschen Angst, aber P. Andrej (der Pfarrer von Tomsk) beruhigte mich und meinte, dass nichts Schreckliches passieren wird, im Gegenteil, dass mir der Flug sogar gefallen wird. Und so war es dann auch! In Moskau kamen wir glücklich an, jetzt mussten wir nur noch zum Heim der Schwestern kommen. Ach, das war kein leichter Weg! Wir fuhren zuerst mit dem Zug in die Stadt, dann zweimal mit der Metro, dann mit dem Bus. Das dauerte insgesamt etwa drei Stunden. Aber es hat sich gelohnt!


Am ersten Tag haben wir Bekanntschaft mit den Kindern geschlossen. Das sah ungefähr so aus... Die Mutter-Teresa-Schwestern luden uns ein, mit ihnen durch den Schnee spazieren zu gehen. Als ich sie das erste Mal sah, wusste ich nicht recht, wie ich mich verhalten sollte, denn es stellte sich heraus, dass es eigentlich keine Kinder mehr sind, sie sind ungefähr 20 Jahre alt, aber wegen ihrer Behinderung verhalten sie sich wie Kinder. Nicht alle sprechen verständlich,manche geben nur Laute von sich und manche sprechen überhaupt nicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich sie verstehen sollte, aber es stellte sich heraus, dass das gar nicht so schwierig ist, man musste nur öfter Zeit mit ihnen verbringen, und dann gewöhnte ich mich daran, mich mit ihnen zu unterhalten. Abends teilten wir in unserer Gruppe beim Tee einander unsere Erfahrungen mit. 


Während der ganzen Zeit halfen wir im Haus und um das Haus mit: wuschen Wäsche und Geschirr, räumten Schnee, halfen den Bewohnern beim Essen und Anziehen. Manchmal war es anstrengend, aber wir haben es geschafft!


Außerdem fuhren wir natürlich in die Innenstadt von Moskau. Wir waren u. a. im Kreml, dort haben mir die Kirchen sehr gut gefallen, sie sind sehr schön. Außerdem waren wir im Ozeanarium, dort war es sehr interessant, viele Arten von Fischen habe ich zum ersten Mal gesehen. Außerdem habe ich zum ersten Mal kleine Kängurus gesehen, sie sind sehr gut! Und natürlich, wie sollte es ohne Geschäfte gehen... Jeder hat Souvenirs für Freunde, Verwandte und Eltern gekauft, und sich selbst auch nicht vergessen. Alle waren zufrieden.


Bei dieser Reise habe ich an Geduld mit anderen Leuten gewonnen, an Mut, Entschiedenheit und Bereitschaft zu helfen. Sie hat mir sehr geholfen, menschlich zu wachsen. Bei allen, die an dieser Reise teilgenommen haben, möchte ich mich riesig bedanken, für ihre Güte, Ehrlichkeit, Verständnis und Hilfsbereitschaft."












Sonntag, 31. März 2013

Russland und Papst Franziskus

Zweieinhalb Wochen ist Franziskus im Amt. Vielleicht Zeit, ein paar erste Eindrücke zu nennen, wie er in Russland aufgenommen wird. Ich habe ja schon geschrieben: auch sonst schon wird die katholische Kirche als vergleichsweise volksnah empfunden. Das hat sich sicherlich noch einmal verstärkt. Im Internet trifft man immer wieder auf Vergleiche (auf Webseiten von nichtkirchlich Gesinnten) zwischen seinem Lebensstil und dem des Patriarchen Kyrill. Andererseits war es für Orthodoxe natürlich sehr erfreulich, dass er sich in seinem Grußwort als Bischof von Rom bezeichnet hat und hinzugefügt hat, dass die Kirche von Rom (und nicht allein ihr Bischof) "den Vorsitz in der Liebe führt" (eine alte Formel von Ignatius von Antiochien). Genau dieselben Worte hat der orthodoxe Patriarch von Konstantinopel in seinem Grußwort an den Papst am 20.3. wiederholt. Vielleicht gibt es in diesem Punkt (Gemeinsamkeiten mit den Orthodoxen) eine gute Fortsetzung des Werkes von Benedikt XVI.
Einfache Katholiken wurden mit Franziskus schnell vertraut. Sein einfacher Stil, auch seine Herkunft aus einer Emigrantenfamilie, sprechen sie an. Priester und Ordensleute aber, das merkt man gleich, brauchen Mut und Humor, um ihn lieben zu lernen. Schauen wir, wie es weitergeht.
Für mich ganz persönlich ist jetzt auf jeden Fall eine Zeit des Aufbruchs, eine Zeit, um mutiger, froher, optimistischer zu werden... 

Montag, 4. März 2013

Der lange, lästige März

"Das ischt für den longe März", pflegten die Deutschen in Karaganda zu sagen, wenn sie vom Frischgeschlachteten etwas zurücklegten. Und der März verspricht wirklich ein "langes Elend" zu werden: drei Tage war es warm, etwa 0°, jetzt wird es wieder kalt (bis zu -20°), erst Tau, dann Eis. Auch der Schnee ist einfach nur noch grau und nicht mehr schön. Die Sonne scheint zwar jetzt wesentlich länger als im Januar, aber v. a. morgens ist es immer noch lange dunkel. Aber da müssen wir durch. Spätestens im Mai wird es schön, und ab Mitte Juni dann auch warm. Nur noch ein paar Wochen durchhalten, bei Vitamin C und Tee. 

Donnerstag, 31. Januar 2013

Die Sprache Jesu

Man muss nur nach Sibirien fahren, dort kann man Leute treffen, die das "Vater unser" praktisch in dem Wortlaut beten, in dem es Jesus seinen Jüngern beigebracht hat. Denn es gab (und gibt) im Kaukasus Assyrer. Viele von ihnen sind zu Stalins Zeiten nach Sibirien verbannt worden, manche sind dort geblieben. Wie es sich fügte, war ich heute zum Hausbesuch bei einer solchen älteren, kranken Frau. Sie hat mir erzählt, dass sie die wesentlichen Gebete auf Assyrisch kennt, und Assyrisch ist bekanntlich sehr nahe am Aramäischen. Und sie hat mir ein Heft ausgeliehen, in dem die Texte wesentlicher Gebete in assyrischer Sprache, aber in russischen Buchstaben geschrieben sind. Dieses Heft hat man ihr vor 25 Jahren bei einem Besuch im Kaukasus gegeben. Das "Vater unser" lautet danach, zumindest in dieser Version:

"Ja baban, divet bschmaja,
Ove kotscha schamach,
Atja malkutach,
Ove rasajoch, dach dila bschmaja, ob chadachile ara.
Chalan lama, samkana, evmana,
Schvaklan gjnaje chtijota,
la movratlan an dschuroba,
Ala mmossylan mannad bischa.
Sabab dmjochila malkuta,
Chejtscha akra abad-abadin. Amen.

Montag, 14. Januar 2013

Exerzitien mit Jugendlichen

Meinem Mitbruder Johannes Kahn und mir war es nach einem Experiment zumute: Wie wäre es, einmal sechzehn- oder siebzehnjährigen Jugendlichen Exerzitien zu geben? Nicht Besinnungstage, sondern wirkliche, wenn auch kurze, Exerzitien - drei Tage mit Schweigen, Betrachtungen, Messe, Einzelgespräch, Gewissenserforschung, Anbetung - und natürlich Schneeschaufeln. Dazu fand sich dann auch eine kleine Gruppe: vier Jugendliche aus Novosibirsk, zwei aus Bratsk (etwa 24 Stunden mit dem Zug entfernt; es kam natürlich eine Erwachsene mit).
Am 2. Januar nachmittags reisten alle an. Ihre Telefone haben wir uns herausgeben lassen, wozu alle ohne Mühen bereit waren. Stattdessen haben wir den Eltern unsere Nummern gegeben. Eine Einführung, dann konnte es losgehen.
Eine brenzlige Situation mussten wir überstehen, weil wir einen Punkt nicht ganz richtig eingeschätzt haben: Wir haben am Anfang gerade den Jungs nicht genug Arbeit gegeben. Das muss schon sein, sonst wissen sie nicht, wohin mit ihrer Energie. Aber das Wetter war gut, und die Eingänge und Einfahrten unseres Hauses von Schnee zu befreien, war obendrein ein gutes Werk. Zugegeben, ganz klassisch haben wir die Tage nicht gestaltet: eine Betrachtungszeit war jeden Tag gemeinsam, auch den Tagesrückblick (Gewissenserforschung) am Abend habe ich jeweils angeleitet. Außerdem haben wir in den Tagen drei kleine Austauschrunden gehalten, in denen jeder kurz erzählen konnte, was ihn oder sie gerade bewegt.
Sehr interessant waren die Einzelgespräche: Auf der einen Seite haben die Jugendlichen sie genutzt, um Fragen zu Glauben und Gebet zu stellen, wozu sie sonst wenig Gelegenheit haben. Andererseits kam dabei ans Licht, dass manche von ihnen sehr fähig sind zu intensivem persönlichem Gebet.
Und als am 5. Januar nach der Messe beim Abendessen wieder geredet werden durfte, bestätigte sich, was auch sonst immer wieder zu beobachten ist: Trotz (oder wegen) des Schweigens war aus den Jugendlichen (und uns) eine echte Gruppe geworden - eine Gemeinschaft im Gebet. Persönliche Gebetserfahrung und Gemeinschaft im Gebet - zwei sehr wichtige Dinge für Jugendliche in einem Land, in dem es wenig praktizierende Gläubige und ganz wenig praktizierende Katholiken gibt.